oh, na ja, wer trinkt schon slivovitz wenn er nicht gerade ein ehemaliger jugoslawe ist, muss seltsam sein so zu antworten fällt mir grad ein, wo kommen sie her, aus dem ehemaligen jugoslawien..na ja nicht seltsam, eher traurig...
da hab ich übrigens was angestellt mit meiner Jelinek Gratulation
im endeffekt war das gut, weil es mich jetzt wieder einmal zwingt, genauer nachzudenken, warum mich bestimmte dinge in den dschungeln so aufregen und warum ich mich noch immer drauf einlasse, merkwürdige scheingefechte bis zur beschimpfung hin mitzumachen. darüber denke ich jetzt wirklich nach ...
wieso traurig?
Titania Carthaga - 28. Jul, 21:49
Was hab ich denn nun wieder verpasst? Lacht. (Dass Herbst i m m e r Contra gibt und dabei nicht zimperlich ist, sollten Sie indes langsam wissen.)
*grad nachgelesen* Aber ihm gehts nicht viel anders als Ihnen (falls das was hilft): "Ich weiß zwar nicht recht genau, weshalb ich mich darauf einlasse, aber es trifft mich schon..."
es geht ja noch weiter: wir führen die sache per mail weiter, ... ach, sie haben nichts verpasst, titania, nur schmerzliche dinge, beidseits. es gibt selten menschen, die mich so wütend machen ob ihrer "diskussionskultur". ich bin selbst verwundert drüber, und frage mich, warum ich mich drauf einlasse und reinziehen lasse. darüber denke ich jetzt mal nach ...
ot: die schriftzeichen sind keine japanischen sondern chinesische, soviel weiß ich schon; jetzt suche ich den chinesischen dolmetscher ...
edit 29.7.: ich habe den eindruck, daß es weniger um überzeugungen geht. da hängt es woanders, viel tiefer drinnen ...
Mir gehts genauso, obwohl mich das weniger dort aufregt als erheitert...ohnehin ist es besser zu lesen was die wirklich großen schreiben Bernhard, Rushdie, Esterhazy, Jelinek, die Liste ist ewig lang es gibt noch so viel gutes zu lesen und dann läßt man sich noch ablenken...
Traurig? Weil jeder traurig ist wenn er etwas verlassen muss was er einmal sehr gerne gehabt.
Es gibt wohl doch nicht so wenige Jugoslawen die sich nach etwas sehnen dass sie einmal zu etwas ganz ganz reichen gemacht hat, kein Sozialismusversuch, sondern Nähe...aber ich schwatze und schwärme, ich schwärme immer wenn es um Jugoslawien geht.
Vor ein paar jahren entdeckte ich den internetauftritt die dschungel. Anfänglich empfand ich es spannend, mich an diesem nichtort rumzutreiben. Diese form der vernetzung ließ mich über den begriff tagebuch in der zeit des internets und der blogs neu nachdenken. Diese gedanken endeten schließlich in einem kleinen text, den ich auf meinen blog stellte. Auszug:
"Warum schreibe ich ein Tagebuch? Das ist eine Frage nicht nur an Autoren. Warum veröffentliche ich ein Tagebuch? Das war bis vor ein paar Jahren eine Frage nur an Autoren.
Seit es das Internet gibt und dies für (fast) alle erreichbar ist, erübrigt sich dieses Privileg der Veröffentlichung für ein paar einzelne Leute. Es geht nur noch um die Form der Veröffentlichung. [...] In einem ausschließlich privat geschriebenen Tagebuch musste ich mich selber (er)finden und mit dem öffentlichen muss ich den Partner, den Leser an den ich mich wende, (er)finden. Es ist also am Ende der Versuch einer Kommunikation, ein gewollter Dialog.
Ab jetzt kommt die Frage der Indiskretion ins Spiel. Wann fängt die an? Die Indiskretion fängt da an, wo der Leser sich betroffen fühlt. Es geht nicht um die Preisgabe anderer Leute. Es geht um Tabus die verletzt werden könnten, die der Leser hat. Wann verletzt der Autor diese Tabus? Immer dann, wenn der Leser sich identifiziert und dabei Dinge entdeckt, die er sich nicht selbst zugegeben hätte.[...]"
Von diesem text setzte ich Herbst in kenntnis. Zu gegebenen anlass hatte er daraus zitiert, wenn ich mich recht entsinne.
Was ist die dschungel heute für mich. Heute, nachdem ich mit großem aber abfallenden interesse Meere von Herbst gelesen habe, heute nachdem ich ständig versuche mich auf das lyrische verständis von Herbst einzulassen und dabei immer wieder von neuem erstaunt bin, wozu der begriff lyrik so alles herhalten muss, nach alldem ist das lesen der dschungel heute für mich ein spaß. Und trotzdem geht es mir wie Ihnen, wenn sie sich fragen, warum lass ich mich darauf ein. Aber vielleicht ist es dieses staunen meinerseits, was mich immer wieder lesen lässt. Das erstaunen über diese egozentrik von Herbst, nun ist freilich egozentrik nichts ungewöhnliches, sie betrifft uns fast alle, aber in dieser unreflektierten form bin ich ihr noch nie begegnet.
die länge der texte spielt keine rolle, mehr der inhalt.
"Die Indiskretion fängt da an, wo der Leser sich betroffen fühlt. Es geht nicht um die Preisgabe anderer Leute. Es geht um Tabus die verletzt werden könnten, die der Leser hat. Wann verletzt der Autor diese Tabus? Immer dann, wenn der Leser sich identifiziert und dabei Dinge entdeckt, die er sich nicht selbst zugegeben hätte.", schreiben sie.
betroffenheit an sich, scheint mir, muss nicht zwingend was mit indiskretion zu tun haben. oder tabubruch.
ihre definition von tabubruch könnte aber genausogut einer psychologischen erkenntnis gleichkommen: ich lese einen text, im web oder in einem buch, und ich habe ein tiefergehendes erlebnis, weil die gelesesen worte etwas in bewegung bringen, einen reifen apfel zum fallen bringen, und plötzlich gewinne ich eine einsicht über mich, die vielleicht schon lange anstand, aber jetzt ins bewußtsein hochsteigt. dann ist das was wünschenswertes, primär jedenfalls. indiskretion wäre es, würde ich einen an mich persönlich gerichteten brief der öffentlichkeit preiszugeben: das vertrauen eines anderen menschen, aus welchem grund auch immer, zu brechen. (herbst interessiert es nicht, was andere als indiskretion empfinden, nur was er empfindet. ausnahme: sein sohn/die gliebte.) ein tabubruch wäre entsprechend gegeben, wenn ein tabuthema (das moralisch belastet ist) direkt aus- und angesprochen ist bzw. enttabuisiert wird, indem damit frei umgegangen wird, als wäre es kein tabu. WAS aber als tabu gilt, hängt von der geschellschaftlichen übereinkunft bzw. der herrschenden moral ab. was für sie ein tabubruch ist, könnte für mich keiner sein oder umgekehrt.
herbsts besonderheit ist jetzt aber nicht, daß er indiskret ist und tabus berührt, sondern daß er behauptet, selbst kein privatleben zu haben und keine indiskretionen zu kennen ( ausgenommen seine engsten familienangehörigen).
und das wiederum macht er, um einen "künstliche" identität (im unterschied zu "echten", der persönlichkeit) aufrechtzuerhalten, die er sich zulegte vor vielen jahren, um den problemen seines lebens einfacher zu begegnen. er spielt sich selbst und den dschungellesern etwas vor, eine maskerade (sein begriff), die ihn selber krankmacht, die er aber nicht aufgeben will/kann, weil darauf seine identität beruht. künstler zu sein ist für ihn DIE nische in unserer gesellschaft, in der er überleben zu können glaubt (und es auch tut), ohnen allzuviele regeln useres europäischen zivillebens einhalten zu müssen und die ihn aller menschlichen anforderungen entbindet; das bringt aber zusehends probleme mit sich, weil er sich so verpuppt hat in seiner ästhetischen theorie, die wiederum seine haltung und sein verhalten dem "betrieb" und seinen vertretern (juroren etwa, verlegern, lektoren etc.) untermauert. ich will das jetzt nicht ausdehnen, sie wissen wahrscheinlich was ich meine ... für meine eigenen begriffe empfinde ich übrigens diese zeilen als indiskretion, herbst aber sicher nicht, weil er anders wertet (oder gar nicht wertet) und denkt.
Diesen von mir geschriebenen und hier zum teil zitiertern text habe ich geschrieben als ich die dschungel entdeckte und ich von dessen betreiber noch garnichts wusste. Das projekt als solches hatte es mir angetan. Somit kann dieser text nicht den betreiber im besonderen meinen. Es geht in diesem text nur und ausschließlich um das tagebuchschreiben, um private und öffentliche tagebücher. Es geht noch nicht mal um dieses konkrete projekt. Die frage, die ich mir stellen wollte, war eigentlich: warum schreibt jemand tagebuch und warum schreibt jemand ein öffentliches tagebuch! (Schon vor dem internet existierten öffentliche tagebücher: z.B: von Edmond und Jules de Goncourt, Max Frisch. E.Canetti o.A. Es gab auch tagebücher in literarischer form: U. Johnson 'Jahrestage'.) Ich hatte diesen text damals als kommentar in die dschungel gestellt um dort im dschungel der vielfalt, wie ich dachte, ein gespräch in aller öffentlichkeit in gang zu bringen. Aber das hat leider nicht geklappt, oder wurde nicht in betracht gezogen. Der begriff der diskretion kam ins spiel, weil autoren (s.o.), die solche bücher in der öffentlichkeit führten, gegenüber ihren lesern bestimmte persönliche räume nicht verletzen wollten. Im übrigen denke ich, diskretion gegenüber dem leser als haltung des autors hat etwas mit berufsethos zu tun. Es gibt autoren die das nicht oder nur teilweise tun. Das starke wort von tabuverletzung (nicht tabubruch, soweit wollte ich dann doch nicht gehen) sollte provozieren und reaktionen auf diesen text abtrotzen.
Das wort 'eingepuppt' trifft. Mehr will ich zu der fiktiven oder realen person Herbst nicht sagen. Selbstverständlich darf man als leser (oder soll ich besser sagen als schüler) der dschungel-einfalt nichts in frage stellen, was der meister dort hinterlässt. Kritisieren darf man schon garnicht. Es ist sinnlos sich auf eine diskussion nach dem motto "was ist kunst einzulassen". Kunst ist nicht messbar, das ist klar. Aber sie muss gewollt sein, und das nicht nur vom Künstler.
Ich danke Ihnen für ihre gedanken. Das internet ist eben doch ein dschungel, der zum disktuieren einlädt...
Das schlimmste ist die Selbstherrlichkeit und die Truppe die sich um diese Selbstherrlichkeit bindelt, ich hätte niemals geglaubt dass es so etwas in der Art im literarischen Bereich gibt, aber ich wurde lärmende, eines anderen belärmt.
Ja so sind die rechtlosen, sie drohen immer gerne mit Anzeigen...ich werde sie im Gefängnis besuchen..:-)
Titania Carthaga - 29. Jul, 17:24
Lieber ferromonte,
warum lassen Sie die ganze Sache nicht einfach bleiben - wenigstens in der Netzöffentlichkeit? Dass Sie das Bedürfnis haben, diesen komplexen Konflikt irgendwie zu klären, ist verständlich. Aber m u s s das denn alles ins Netz getragen werden? In den Zeiten pre-www hat man persönliche/private Konflikte auch nicht auf Bühnen ausgetragen, sondern im eigenen Wohnzimmer; und wenn doch, dann in sublimierter Form.
Ich habe selbst - Sie haben es womöglich am Rande verfolgt - einen solchen Kampf bzgl. Überzeugungen in meinem und anderen Blogs geführt. Aber was hat es gebracht? Dass die beteiligten Parteien zerstritten sind, ist so oder so eingetreten. Warum also trägt man so etwas öffentlich aus?
Unabhängig von Ihrer Bemerkung, es gehe um mehr als Überzeugungen (das ist immer so, sie brauchen ja einen Humus, in dem sie wurzeln): bleiben wir dennoch bei diesem Begriff. Warum diskutiert man in der Öffentlichkeit wie z.B. dem Netz Überzeugungen? Weil man mit einer anderen als der eigenen konfrontiert ist, die u.U. das (jeweils) eigene Konstrukt/Gerüst ins Wanken bringt oder wenigstens weil sie es (ganz gleich, ob berechtigt oder nicht) in Frage stellt ? Man könte solches auch per Mail, Telefon oder gar persönlich ausdiksutieren. Warum lässt man es im Netz? Weil man selbst vielleicht schwankt, sich gar hilflos fühlt mit der eigenen Überzeugung und sich fragt, ob man der einzige ist, der so/anders denkt als das Gegenüber? Man also deshalb im Netz - öffentlich - diskutiert, weil man auf die Unterstützung anderer hofft, die einem beispringen? Weil man sich gesicherter fühlt, wenn man merkt, dass es auch andere gibt, die so denken wie man selbst, man also mit der eigenen Weltwahrnehmung nicht a l l e i n dasteht? (Einzelkämpfertum ist keine Eigenschaft, die auf viele zutrifft noch eine, die permanent, ohne Unterbrechung existierte; auch der überzeugte Einzelkämpfer braucht, trotz innerem Glauben an die eigenen Überzeugungen, einen gewissen Rückhalt.)
Der homo socialis braucht immer andere Menschen zur Orientierung. Er kann nicht losgelöst von allem existieren.
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(Ich bitte Sie, diesen Text völlig wertungsfrei zu lesen. Er möchte sich auf keine der Seiten schlagen, sondern von außen daraufschauen.)
da hab ich übrigens was angestellt mit meiner Jelinek Gratulation
wieso traurig?
*grad nachgelesen* Aber ihm gehts nicht viel anders als Ihnen (falls das was hilft): "Ich weiß zwar nicht recht genau, weshalb ich mich darauf einlasse, aber es trifft mich schon..."
Ach - Männer und ihre Überzeugungen...!
ot: die schriftzeichen sind keine japanischen sondern chinesische, soviel weiß ich schon; jetzt suche ich den chinesischen dolmetscher ...
edit 29.7.: ich habe den eindruck, daß es weniger um überzeugungen geht. da hängt es woanders, viel tiefer drinnen ...
Traurig? Weil jeder traurig ist wenn er etwas verlassen muss was er einmal sehr gerne gehabt.
Es gibt wohl doch nicht so wenige Jugoslawen die sich nach etwas sehnen dass sie einmal zu etwas ganz ganz reichen gemacht hat, kein Sozialismusversuch, sondern Nähe...aber ich schwatze und schwärme, ich schwärme immer wenn es um Jugoslawien geht.
addio f.
Slivovitz